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GehWerk in der Kunstmesse
SABINE PEUCKERT
"Inseln" - Arbeiten auf Papier
Ausstellungsdauer: vom 3. Mai
- 31. Mai 1996
Sabine Peuckert kommt vom Zeichnerischen her. Stadtlandschaften, vor
allem des historischen, zu DDR-Zeiten unaufhaltsam verfallenden Quartiers der
Spandauer Vorstadt, gehören zu ihren frühen Arbeiten. Aber schon in
diesen Tusch- und Handzeichnungen, Radierungen und Aquarellen, die häufig
durch Straßennamen im Titel scheinbar präzise lokalisierbar sind,
geht es ihr, vielleicht noch unbewußt, weniger um topografische als
vielmehr um stimmungshafte Genauigkeit. Weniger um den Ort als um dessen - eine
überstrapazierte Vokabel, für die ich dennoch kein Synonym finde -
Seele. Sabine Peuckerts Stadtlandschaften sind von Anfang an beseelt, weil sie
hinter dem äußeren den inneren Raum sichtbar werden lassen.
Von daher entdecke ich in ihrem bisherigen Schaffen einen Zusammenhang
und -halt, der allerdings nichts zu tun hat mit Gleichförmigkeit,
Stillstand gar, sondern Sprünge, Diskontinuität durchaus gestattet,
ja, zur Triebfeder des Herangehens macht. Das Mißtrauen gegenüber
Methoden und Konzeptionen eingeschlossen. Auf den ersten Blick will kaum noch
etwas an die Arbeits- und Betrachtungsweise aus den siebziger/achtziger Jahren
erinnern. In der jüngeren Zeit - und diese Ausstellung versammelt Bilder,
die zwischen 1994 und 1996 entstanden - tritt das Zeichnerische und vor allem
Druckgrafische zugunsten des Malerischen zurück.
Deckende Wasserfarben, Acrylfarben, selbstangerührte Eitempera mit
ihrer stumpfen Oberfläche werden von der Künstlerin bevorzugt. Das
Liebliche, das so oft mit dem Schönen verwechselt wird, ist ohnehin ihre
Sache nicht. Das zeigen bereits die herben Stadtlandschaften, die den
realsozialistischen Niedergang festhalten. In diesem tieferen Sinne aber finde
ich die neuen großformatigen Blätter mit ihrer erlesenen Farbigkeit
schön. Und durchaus nicht erst beim zweiten Hinsehen. Zur gelassenen
Heiterkeit, die schon zeitig im Werk zu finden ist, gesellt sich zunehmend das
Spiel mit dem Absurden, dem Grotesken. Eine philosophische Dimension tut sich
auf, die freilich nirgendwo im gequält Grüblerischen strandet. Nicht
zufällig hat Sabine Peuckert ihre Ausstellung "Inseln" genannt.
Die Insel als Metapher für ein Ungebundensein, aber auch für die
Isoliertheit, die Einsamkeit. Titel wie "Im Grünen", "Am See"
oder "Abend finnisch" entziehen sich nun bewußt der einsträhnigen
Deutung. Landschaft/Stadtraum wird fortschreitend aufgelöst, vereinfacht,
aufs Minimum reduziert. Auf das Symbol, das Zeichen. Zu ihnen setzt sich hier
und da eine Figur, ein Vogel, der Schemen einer Figur ins spannungsvolle Verhältnis.
Und doch, hier komme ich auf den Anfang zurück, scheint mir der äußere
Raum nirgendwo zum Vorwand degradiert, zum immerfort bloß nach innen
weisenden Wegzeichen. So wie in den frühen zeichnerischen und grafischen Blättern
das Hintergründige nicht vom Vorder-Gründigen verstellt wird, so hat
hier das Doppelbödige tatsächlich noch Boden. Die Bildfindungen und
-erfindungen stürzen nicht ins Beliebige, also Bodenlose, weil sie einen Fuß
auf der Erde behalten. Oder auch nur die Sehnsucht nach dieser Verbundenheit.
Wolfgang
Feyerabend, April 1996